Justitia

Land NRW unterliegt im Rechtsstreit um Corona-Soforthilfen

Die Beschei­de, mit denen die Bezirks­re­gie­rung Düs­sel­dorf geleis­te­te Coro­na-Sofort­hil­fen von den Emp­fän­gern teil­wei­se zurück­ge­for­dert hat, sind rechts­wid­rig. Den gegen die­se Schluss­be­schei­de gerich­te­ten Kla­gen drei­er Zuwen­dungs­emp­fän­ger gegen das Land Nord­rhein-West­fa­len hat das Ver­wal­tungs­ge­richt Düs­sel­dorf am Diens­tag, den 15.08.2022 mit statt­ge­ge­ben.

In der Pres­ser­klä­rung des Ver­wal­tungs­ge­richts Gel­sen­kir­chen heißt es dazu wie folgt:

Als im Früh­jahr 2020 klei­ne Unter­neh­men und Selb­stän­di­ge durch ver­schie­de­ne infek­ti­ons­schutz­recht­li­che Maß­nah­men zur Ein­däm­mung der Coro­na­pan­de­mie in wirt­schaft­li­che Not­la­gen gerie­ten, schu­fen Bund und Län­der Pro­gram­me, um kurz­fris­tig Finanz­hil­fen bereit­zu­stel­len. Sol­che Sofort­hil­fen erhiel­ten auch die Klä­ger der heu­te ent­schie­de­nen Ver­fah­ren. Der Betrei­ber eines Düs­sel­dor­fer Schnell­re­stau­rants muss­te eben­so wie die Betrei­be­rin eines Kos­me­tik­stu­di­os aus Rem­scheid wäh­rend des Lock­downs im Früh­jahr 2020 zeit­wei­se den Betrieb schlie­ßen. Ein Steu­er­be­ra­ter aus Düs­sel­dorf, der einen Groß­teil sei­ner Umsät­ze durch die Aus- und Fort­bil­dung von Steu­er­be­ra­tern erwirt­schaf­tet, erlitt durch den Weg­fall von Prä­senz­vor­trä­gen Umsatz­ein­bu­ßen. Nach­dem die drei Klä­ger zunächst auf­grund von Ende März bzw. Anfang April 2020 erlas­se­nen Bewil­li­gungs­be­schei­den der zustän­di­gen Bezirks­re­gie­rung Düs­sel­dorf Sofort­hil­fen in Höhe von jeweils 9.000,- Euro erhal­ten hat­ten, setz­te die Behör­de im Rah­men sog. Rück­mel­de­ver­fah­ren spä­ter die Höhe der Sofort­hil­fe auf ca. 2.000,- Euro fest und for­der­te etwa 7.000,- Euro zurück.

Die zustän­di­ge 20. Kam­mer des Gerichts hat nun ent­schie­den, dass die­se Schluss­be­schei­de rechts­wid­rig sind.

Zur Begrün­dung hat das Gericht aus­ge­führt: Für die Beur­tei­lung der Recht­mä­ßig­keit der Schluss­be­schei­de kam es auf die För­der­pra­xis des Lan­des wäh­rend des Antrags­ver­fah­rens bis zum Erlass der Bewil­li­gungs­be­schei­de an. Die in den Bewil­li­gungs­be­schei­den zum Aus­druck gekom­me­ne Ver­wal­tungs­pra­xis des Lan­des stimm­te mit den in den Schluss­be­schei­den getrof­fe­nen Fest­set­zun­gen nicht über­ein. Wäh­rend des Bewil­li­gungs­ver­fah­rens durf­ten die Hil­fe­emp­fän­ger auf Grund von For­mu­lie­run­gen in online vom Land bereit gestell­ten Hin­wei­sen, den Antrags­vor­dru­cken und den Zuwen­dungs­be­schei­den eher davon aus­ge­hen, dass pan­de­mie­be­ding­te Umsatz­aus­fäl­le für den Erhalt und das Behal­ten­dür­fen der Geld­leis­tun­gen aus­schlag­ge­bend sein soll­ten. Dem­ge­gen­über stell­te das Land bei Erlass der Schluss­be­schei­de auf das Vor­lie­gen eines Liqui­di­täts­eng­pas­ses ab, der eine Dif­fe­renz zwi­schen den Ein­nah­men und Aus­ga­ben des Geschäfts­be­trie­bes, also einen Ver­lust, vor­aus­setz­te. Dies ist rechts­feh­ler­haft, weil die­se Hand­ha­bung von der maß­geb­li­chen För­der­pra­xis abwich. Mit Blick dar­auf konn­te auch die Richt­li­nie des dama­li­gen Minis­te­ri­ums für Wirt­schaft, Inno­va­ti­on, Digi­ta­li­sie­rung und Ener­gie des Lan­des NRW vom 31. Mai 2020, die erst­mals eine Defi­ni­ti­on des Begriffs des Liqui­di­täts­eng­pas­ses ent­hielt, trotz ihres rück­wir­ken­den Inkraft­tre­tens bei der Beur­tei­lung der Recht­mä­ßig­keit der Schluss­be­schei­de nicht berück­sich­tigt wer­den. Abge­se­hen davon waren die ursprüng­li­chen Bewil­li­gungs­be­schei­de hin­sicht­lich einer etwa­igen Rück­erstat­tungs­ver­pflich­tung auch miss­ver­ständ­lich for­mu­liert. Ins­be­son­de­re konn­ten die Zuwen­dungs­emp­fän­ger dem Inhalt der Beschei­de nicht ver­läss­lich ent­neh­men, nach wel­chen Para­me­tern eine Rück­zah­lung zu berech­nen sei.

Beim Ver­wal­tungs­ge­richt Düs­sel­dorf sind noch wei­te­re ca. 500 Kla­ge­ver­fah­ren rund um den Kom­plex der Coro­na-Sofort­hil­fen anhän­gig. Wie mit die­sen umzu­ge­hen ist, wird die Kam­mer in Kür­ze ent­schei­den. In den drei heu­te ent­schie­de­nen Strei­tig­kei­ten, die reprä­sen­ta­tiv für einen Groß­teil der wei­te­ren Ver­fah­ren sind, hat die Kam­mer die Beru­fung zum Ober­ver­wal­tungs­ge­richt für das Land Nord­rhein-West­fa­len wegen der grund­sätz­li­chen Bedeu­tung zuge­las­sen.

Akten­zei­chen: 20 K 7488/20, 20 K 217/21 und 20 K 393/22

Quel­le: Ver­wal­tungs­ge­richt Düs­sel­dorf, Pres­se­mit­tei­lung vom 16. August 2022

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