Betriebsratswahl 2022

Vom 1. März bis 31. Mai 2022 find­en die näch­sten regelmäßi­gen Betrieb­sratswahlen statt. Bis zum Wahlt­ag sind viele Auf­gaben zu erledi­gen. Für die amtieren­den Betrieb­sräte wird es deshalb langsam Zeit, mit der Vor­bere­itung der Wahlen zu beginnen.

Beginn ist also bere­its in rund elf Monat­en! Wir zeigen Ihnen auf, was dabei zu beacht­en ist – ins­beson­dere, damit sichergestellt wer­den kann, dass der betriebliche Urnen­gang recht­mäßig, ohne Prob­leme und let­ztlich erfol­gre­ich verläuft.

Die wesentlichen Rah­menbe­din­gun­gen der Betrieb­sratswahl sind in den §§ 7 bis 20 Betrieb­sver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) geregelt. Die Details der Wahl find­en sich für die weitaus meis­ten Betriebe in der Ersten Verord­nung zur Durch­führung des Betrieb­sver­fas­sungs­ge­set­zes (Wahlord­nung – WO).

1. Zeitpunkt der Betriebsratswahl

Der Zeit­punkt der Betrieb­sratswahl ist in § 13 BetrVG fest­gelegt. Dort wird unter­schieden zwis­chen regelmäßi­gen und außeror­dentlichen Betrieb­sratswahlen. Bei den regelmäßi­gen (tur­nus­mäßi­gen) Wahlen ist der Zeitraum, in dem die Stim­ma­b­gabe stattzufind­en hat, geset­zlich fest­gelegt, während eine außeror­dentliche Betrieb­sratswahl nur (und immer) dann stat­tfind­et, wenn ganz bes­timmte Voraus­set­zun­gen vorliegen.

a) Regelmäßige Betriebsratswahlen

Gemäß § 13 Abs. 1 BetrVG find­en die regelmäßi­gen Betrieb­sratswahlen alle 4 Jahre in der Zeit vom 01. März bis 31. Mai statt. Die let­zten regelmäßi­gen Betrieb­sratswahlen fan­den 2018 statt. Die näch­sten Betrieb­sratswahlen find­en fol­glich in der Zeit vom vom 1. März 2022 bis zum 31. Mai 2022 (dann 2026, 2030 usw.) statt.

b) Außerordentliche Betriebsratswahlen

Außer­halb dieser Zeiträume kön­nen Betrieb­sräte nur unter den beson­deren Voraus­set­zun­gen des § 13 Abs. 2 BetrVG gewählt wer­den, näm­lich bei Absenkung oder Anstieg der Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeit­nehmer, Absenken der Gesamtzahl der Betrieb­sratsmit­glieder nach Ein­treten sämtlich­er Ersatzmit­glieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betrieb­sratsmit­glieder, bei Rück­tritt des Betrieb­srats, wirk­samer Anfech­tung der Betrieb­sratswahl, Auflö­sung des Betrieb­srats durch gerichtliche Entschei­dung oder wenn ein Betrieb­srat im Betrieb noch gar nicht beste­ht (Erst­wahl).

Die Amt­szeit dieser außeror­dentlich gewählten Betrieb­sräte wird durch Ver­längerung oder Verkürzung der Amt­szeit so angepasst, dass die dann fol­gende näch­ste Wahl wieder im regelmäßi­gen Tur­nus stattfindet.

Beispiele:

  • Wurde in einem bish­er betrieb­srat­slosen Betrieb im Jahre 2019 ein Betrieb­srat gebildet, hat dieser eine verkürzte Amt­szeit bis max­i­mal 31. Mai 2018 (also ca. drei Jahre lang).
  • Wird der Betrieb­srat dage­gen erst nach dem 1. März 2021 gewählt, hat er eine Amt­szeit bis in den Wahlzeitraum 2026 hinein, da zwis­chen sein­er Grün­dung und dem Beginn des näch­sten reg­ulären Wahlzeitraums (1. März 2022) weniger als ein Jahr liegt.

Wahlrecht

Im Kern ein­er jeden Betrieb­sratswahl ste­hen die Fra­gen der Wahlberech­ti­gung und der Wählbarkeit. Die Wahlberech­ti­gung beschreibt das aktive Wahlrecht zum Betrieb­srat (Stimm­recht). Die Wählbarkeit hinge­gen beschreibt die Fähigkeit, selb­st in den Betrieb­srat gewählt wer­den zu kön­nen.

Beson­dere Prob­leme hin­sichtlich der Wahlberech­ti­gung und der Wählbarkeit stellen sich bei gekündigten Arbeit­nehmern. Dabei sind ver­schiedene Fal­lkon­stel­la­tio­nen denkbar:

So kann es z.B. vorkom­men, dass ein Arbeitsver­hält­nis vor Durch­führung der Betrieb­sratswahl gekündigt wurde, die Kündi­gungs­frist aber erst nach Durch­führung der Betrieb­sratswahl abläuft. Davon zu unter­schei­den ist der Fall, dass die Kündi­gung vor der Wahl erfol­gt und die Kündi­gungs­frist zum Zeit­punkt der Durch­führung der Wahl bere­its abge­laufen ist.

In der Prax­is find­en sich regelmäßig Fälle, in denen der­lei Arbeit­nehmer im gekündigten Arbeitsver­hält­nis als Wahlbe­wer­ber in der Betrieb­sratswahl auftreten und häu­fig auch tat­säch­lich gewählt wer­den. Hier stellt sich die Frage, ob in den jew­eili­gen Fal­lkon­stel­la­tio­nen über­haupt Wahlberech­ti­gung und Wählbarkeit beste­hen und wie auf eine etwaige Wahlbe­wer­bung und Wahl reagiert wer­den kann.

a1) Wahlberechtigung

Die Wahlberech­ti­gung ist in § 7 BetrVG geregelt. Wahlberechtigt sind danach alle Arbeit­nehmer des Betriebs, die das 18. Leben­s­jahr vol­len­det haben. Wer­den Arbeit­nehmer eines anderen Arbeit­ge­bers zur Arbeit­sleis­tung über­lassen (Lei­har­beit­nehmer), so sind diese Arbeit­nehmer wahlberechtigt, sofern sie länger als drei Monate im Betrieb einge­set­zt werden.

a2) Wahlberechtigung nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses und Ablauf der Kündigungsfrist

Wahlberechtigt sind nur die Arbeit­nehmer des Betriebes. Nach ein­er in der Recht­sprechung entwick­el­ten „Zwei-Kom­po­nen­ten-Lehre“ ist daher in aller Regel zu fordern, dass der Arbeit­nehmer zum Betrieb­sin­hab­er in einem Arbeitsver­hält­nis ste­ht und von ihm inner­halb der betrieblichen Organ­i­sa­tion auch tat­säch­lich einge­set­zt wird, ihm also ein Arbeits­bere­ich als Arbeit­nehmer zugewiesen ist (BAG, Beschuss vom 17.02.2010, Az. 7 ABR 51/08).

Ob diese Voraus­set­zun­gen auch bei gekündigten Arbeitsver­hält­nis­sen erfüllt sind, hängt von der jew­eili­gen Fallgestal­tung ab. Endet die Kündi­gungs­frist vor der Betrieb­sratswahl und hat der Arbeit­nehmer keine Kündi­gungss­chutzk­lage erhoben, man­gelt es im Regelfall an ein­er Betrieb­se­ingliederung. Die Wahlberech­ti­gung ist damit dauer­haft entfallen.

Ist die Kündi­gungs­frist abge­laufen, hat der Arbeit­nehmer indes Kündi­gungss­chutzk­lage beim Arbeits­gericht erhoben, hängt die Wahlberech­ti­gung davon ab, ob der Arbeit­nehmer zunächst weit­erbeschäftigt wird, so z.B. in einem sog. Prozess­beschäf­ti­gungsver­hält­nis. Erfol­gt eine solche Weit­erbeschäf­ti­gung, nimmt das Bun­de­sar­beits­gericht die weit­erbeste­hende Wahlberech­ti­gung an. Ist keine Weit­erbeschäf­ti­gungssi­t­u­a­tion gegeben, soll die Wahlberech­ti­gung ent­fall­en. Hier argu­men­tiert das Gericht, zum Zeit­punkt der Wahl müsse fest­ste­hen, ob der Arbeit­nehmer nach § 7 BetrVG wählen darf oder nicht. Die Beteili­gung nicht wahlberechtigter Arbeit­nehmer könne später nicht mehr kor­rigiert wer­den. Eben­so wenig könne die Stim­ma­b­gabe eines gekündigten Arbeit­nehmers nachge­holt wer­den, sobald recht­skräftig die Recht­sun­wirk­sam der Kündi­gung fest­gestellt wird (BAG, Beschluss vom 10.11.2004, Az. 7 ABR 12/04).

Jegliche Wahlberech­ti­gung ent­fällt nach ein­er außeror­dentlichen Kündigung/fristlosen Kündi­gung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB, sofern der Arbeit­nehmer nicht vor­läu­fig weit­erbeschäftigt wird.

b) Wahlberechtigung innerhalb der Kündigungsfrist

Ist dem Arbeit­nehmer ein Kündi­gungss­chreiben zuge­gan­gen bzw. hat der Arbeit­nehmer gegenüber dem Arbeit­ge­ber selb­st die Kündi­gung erk­lärt und find­et die Betrieb­sratswahl noch inner­halb der Kündi­gungs­frist statt, ist der betr­e­f­fende Arbeit­nehmer wahlberechtigt. Dies soll sog­ar für den Fall gel­ten, dass der Arbeit­nehmer vom Arbeit­ge­ber von der Erbringung der Arbeit­spflicht freigestellt wurde. Diese Auf­fas­sung ist kon­se­quent, ver­hin­dert sie doch etwaige Wahlbee­in­flus­sun­gen durch arbeit­ge­ber­seit­ige Freistellungen.

Die Wählbarkeit hinge­gen beschreibt die Fähigkeit, selb­st in den Betrieb­srat gewählt wer­den zu kön­nen. Die maßge­bliche geset­zliche Vorschrift find­et sich in § 8 BetrVG. Wählbar sind danach alle Wahlberechtigten, die dem Betrieb seit (min­destens) 6 Monat­en ange­hören oder als in Heimar­beit Beschäftigte in der Haupt­sache für den Betrieb gear­beit­et haben. Nicht wählbar ist, wer in Folge ein­er strafgerichtlichen Verurteilung die Fähigkeit ver­loren hat, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlan­gen. Der Ver­lust dieser Fähigkeit ergibt sich nach § 45 Abs. 1 StGB stets bei ein­er strafgerichtlichen Verurteilung wegen eines Ver­brechens zu ein­er Min­dest­frei­heit­strafe von einem Jahr.

Dieser Ver­lust ist allerd­ings auf die Dauer von 5 Jahren nach Recht­skraft des Urteils beschränkt.

Nach dem Geset­zeswort­laut set­zt die Wählbarkeit eine Wahlberech­ti­gung voraus. Insoweit ergibt sich ohne weit­eres, dass jeden­falls Arbeit­nehmer, denen außeror­dentlich bzw. frist­los gekündigt wurde oder deren Kündi­gungs­frist im Rah­men ein­er ordentlichen Kündi­gung abge­laufen ist, jeden­falls dann nicht wählbar sind, wenn kein Kündi­gungss­chutzver­fahren ein­geleit­et und keine vor­läu­fige Weit­erbeschäf­ti­gung erfol­gt ist.

Allerd­ings war stre­it­ig, wie die Frage der Wählbarkeit zu beant­worten ist, wenn der Arbeit­nehmer Kündi­gungss­chutzk­lage beim Arbeits­gericht erhoben hat.

3. Wahlanfechtung und Nichtigkeit

Bei den ver­schiede­nen Ver­fahren­sarten zur Betrieb­sratswahl müssen zahlre­iche Wahlvorschriften beachtet wer­den. Die Prax­is zeigt, dass die Fehlerquote ger­ade nicht geschul­ter Wahlvorstände erhe­blich ist. Wird die Wahl trotz etwaiger Män­gel fort­ge­set­zt, stellt sich die Frage, ob die Wahl ange­focht­en wer­den kann bzw. gravierende Män­gel sog­ar zur Nichtigkeit der Wahl führen.

a) Nichtigkeit einer Betriebsratswahl

Die  Nichtigkeit ein­er Betrieb­sratswahl ist geset­zlich nicht  geregelt. Sie ist aber als Rechts­folge nach all­ge­mein­er Auf­fas­sung von Lit­er­atur und Recht­sprechung dann anerkan­nt, wenn gegen wesentliche Grund­sätze  der Wahl in so hohem Maße ver­stoßen wor­den ist, dass nicht ein­mal mehr der Anschein ein­er dem Gesetz entsprechen­den Wahl vor­liegt. Notwendig  für eine Nichtigkeit ist damit ein beson­ders grober und offen­sichtlich­er Ver­stoß gegen wesentliche geset­zliche Wahlregeln. Die Nichtigkeit der Wahl kann zu jed­er Zeit gel­tend gemacht wer­den. Eine Bindung an bes­timmte Fris­ten zur Anrufung des Arbeits­gerichts beste­ht nicht. Rechts­folge ist eine Unwirk­samkeit ex tunc (rück­wirk­end), so,  als ob ein Betrieb­srat nie existiert hätte.

Wird gegen wesentliche Grund­sätze des Wahlrechts in einem so hohen Maß ver­stoßen, dass nicht ein­mal der Anschein ein­er dem Gesetz entsprechen­den Wahl mehr vor­liegt, soll dies nach all­ge­mein­er Auf­fas­sung von Lit­er­atur und Recht­sprechung zur Nichtigkeit der Wahl führen. Hier ist ein beson­ders grober und offen­sichtlich­er Ver­stoß gegen wesentliche geset­zliche Wahlregeln von­nöten. Die Nichtigkeit der Wahl kann zu jed­er Zeit gel­tend gemacht wer­den. Eine Bindung an bes­timmte Fris­ten zur Anrufung des Arbeits­gerichts beste­ht nicht.

b) Möglichkeit der Wahlanfechtung

Liegen keine Nichtigkeits­gründe vor, kommt bei Ver­stößen gegen Wahlvorschriften lediglich die Wahlanfech­tung in Betracht.

Dazu ist in § 19 BetrVG die Möglichkeit der Wahlanfech­tung vor den Arbeits­gericht­en vorge­se­hen. Allerd­ings soll das lange und aufwändi­ge Ver­fahren der Betrieb­sratswahl nicht gle­ich wegen jed­er Kleinigkeit auf den Kopf gestellt wer­den. Nach der Regelung kann die Wahl beim Arbeits­gericht ange­focht­en wer­den, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlver­fahren ver­stoßen wor­den ist und eine Berich­ti­gung nicht erfol­gt ist. Die Wahlanfech­tung ste­ht unter dem Vor­be­halt, dass durch den Ver­stoß das Wahlergeb­nis auch tat­säch­lich geän­dert oder bee­in­flusst wer­den kon­nte. Mit anderen Worten: Liegt ein Fehler vor, der aber für den Aus­gang der Wahl gän­zlich ohne Bedeu­tung ist, soll auch eine Wahlanfech­tung ausscheiden.

Nach § 19 Abs. 2 BetrVG kann eine Wahlanfech­tung nicht durch jed­er­mann erfol­gen. Anfech­tungs­berechtigt sind lediglich min­destens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gew­erkschaft oder der Arbeit­ge­ber. Zu beacht­en ist, dass die Wahlanfech­tung nur bin­nen ein­er Frist von zwei Wochen, gerech­net vom Tag der Bekan­nt­gabe des Wahlergeb­niss­es an, zuläs­sig ist.

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Bleiben Sie gesund!

Glück­auf,
Andreas Galatas

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